„Ich möchte Fahrrad fahren lernen!“

„Ich habe nie Fahrrad fahren gelernt, würde es aber sehr gerne können!“ „Früher, in meinem Heimatland, bin ich ab und zu Fahrrad gefahren, habe es aber lange nicht mehr gemacht!“ „Hier in Deutschland sind die Verkehrsregeln ganz anders…!“ „Aber schöne Radwege habt ihr hier…!“ „Wie kann ich eigentlich meine kleinen Kinder sicher auf dem Fahrrad transportieren?“

Steffi und ich sitzen mit sechs Flüchtlingsfrauen vom „Frauentreff“ bei Kaffee und Keksen in der Küche unserer Sozialwerks-Wohnung und unterhalten uns über das für die Frauen sehr spannende Thema „Fahrrad fahren lernen!“

Spannend vor allem deshalb, weil es gleich tatsächlich losgehen soll: Auf dem Hof des nahe gelegenen „Café Welcome“ werden sie – teils zum ersten Mal in ihrem Leben – auf einem Fahrrad sitzen; da ist die Aufregung schon zu spüren! Werden sie sich wirklich trauen aufzusteigen? Und werden sie es schaffen, das Gleichgewicht zu halten? Wir machen Witze über Stürze und mögliche blaue Flecken… Und ich staune, wie gut wir uns inzwischen schon miteinander unterhalten können, echt super!!

Beim „Café Welcome“ angekommen erwartet uns Frau Hama-Latif. Sie hat einige Erfahrung und wird unseren Frauen mit ihrer couragierten, kompetenten und gleichzeitig verständnisvollen Art das Fahrradfahren beibringen. Fahrräder stellen uns die Sportfreunde Sennestadt kostenlos zur Verfügung. Nachdem sich die Frauen auf weitere Trainingstermine in der nächsten Woche geeinigt haben (gar nicht so einfach, da alle unter einen Hut zu kriegen…) und die jeweils passenden Räder gefunden sind (die meisten Räder passen nicht – wir Deutschen sind einfach zu groß …L), wird’s dann wirklich ernst.

Ernst bleibt‘s aber nicht lange, denn nachdem die ersten Ängste überwunden sind, macht es den Frauen einfach nur noch Spaß! Das Wetter ist super, die Fahrstrecke leicht abschüssig, jeder Erfolg wird mit einem „Bravo!“ und lautem Händeklatschen der Zuschauenden belohnt – da fällt das Rollen und später sogar das richtige Treten in die Pedalen gar nicht so schwer, wie gedacht. Und beim nächsten Mal wird es dann schon viel leichter gehen – die Frauen freuen sich darauf!!

Für mich selbst sind diese Begegnungen mit Frauen, die einen so ganz anderen kulturellen und religiösen Hintergrund haben als ich, immer wieder sehr bereichernd und manche Gespräche sind wirklich überraschend tiefgründig. Heute durfte ich z.B. einer der Frauen mit jesidischem Hintergrund „by the way“ – nämlich auf dem Weg zum „Café Welcome“ – den Unterschied zwischen „katholisch“ und „evangelisch“ erklären. Mach das mal, wenn dir dazu mehr oder weniger nur einige Worte und deine Hände und Füße zur Verfügung stehen!! Aber es übt, bringt näher und baut Beziehung – und das ist es ja, was wir uns wünschen.